Industrieller Getreideverbrauch wächst weiter

09.09.2018 - 05:43:22

Die Industrie hat in den vergangenen Jahren ihren Status als Großabnehmer von Getreide weiter ausgebaut und dürfte 2018/19 weltweit so viel wie noch nie davon aufnehmen.

Globale Getreideproduktion
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Nach der aktuellen Prognose des Internationalen Getreiderates (IGC) dürften in der betreffenden Vermarktungskampagne insgesamt 367,7 Mio. t Getreide im industriellen Maßstab vor allem zu Bioethanol, Stärke und Malz verarbeitet werden; das wäre ein Plus von 9,1 Mio. t oder 2,5 % und eine nur leichte Abschwächung des Wachstums. Damit würden laut IGC 18 % der globalen Getreideproduktion und 17% des weltweiten Verbrauchs auf diese Verwertungsrichtung entfallen. Dabei gehen die Londoner Marktexperten von einem Gesamtbedarf von 2,129 Mrd. t Getreide ohne Reis in der nächsten Saison aus; das wäre 1 % mehr als für 2017/18 geschätzt und die höchste Menge aller Zeiten. Vor allem in der maisbasierten Stärke- und Ethanolherstellung soll die industrielle Nachfrage anziehen. Dazu wird nach Einschätzung des Getreiderates auch das anhaltende Wirtschaftswachstum beitragen.

Weitere positive Einflüsse seien unter anderem nationale Beimischungsgebote. Mit Abstand wichtigster Agrarrohstoff für die Industrie ist der Mais; für diesen rechnet der IGC mit Blick auf 2018/19 mit einer leicht überdurchschnittlichen Zunahme der Verwendung, und zwar im Vorjahresvergleich um 8,1 Mio. t oder 2,8 % auf 303,9 Mio. t. Für Gerste wird dagegen ein Rückgang der Nachfrage um 300.000 t oder 1,0 % auf 30,95 Mio. t prognostiziert. Auch für den Weizen sehen die Marktfachleute ein Minus bei der industriellen Verwertung voraus, und zwar von 100.000 t oder 0,4 % auf 22,8 Mio. t.

Ethanolbedarf der USA nur noch leicht steigend

Der überwiegende Teil des für die Kampagne 2018/19 vorausgesagten Verbrauchszuwachses in der industriellen Schiene wird nach der Erwartung des Getreiderates auf die stärkebasierten Produkte entfallen. Für 2018/19 sagen die Londoner Experten einen Anstieg des Getreideverbrauchs für die Stärkeproduktion um 5,3 Mio. t beziehungsweise 4,0 % auf 136,7 Mio. t voraus. Der globale Bedarf an Getreide zur Herstellung von Ethanol soll 2018/19 lediglich noch um 3,7 Mio. t oder 1,9 % auf 193,3 Mio. t steigen. Erwartet wird dabei, dass die Verwendung zur Produktion von Biokraftstoffen anteilsmäßig etwas stärker wächst, und zwar um 2 % auf 174,6 Mio. t.

Die Vereinigten Staaten werden zwar mit Abstand größter Produzent von Ethanol auf der Basis von Mais mit voraussichtlich 142,9 Mio. t bleiben; allerdings nimmt dort der Verbrauch des Biotreibstoffs wegen der Beimischungsgrenze von 10 % laut IGC nur noch geringfügig zu. Dies könnte sich allerdings ändern, wenn Kraftstoffe mit einem höheren Ethanolanteil großflächiger verfügbar würden.

Unterdessen trage aber der wachsende US-Ethanolexport dazu bei, dass die Erzeugung weiter zunehme, so der Getreiderat. Für die erste Hälfte 2018 sei hier gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein Plus von einem Drittel verzeichnet worden, so dass für das Gesamtjahr ein Rekord in Reichweite rücke. Die wichtigsten Auslandskunden waren dabei zuletzt Brasilien und Kanada: Auf diese beiden Länder entfiel etwa die Hälfte der US-Ethanolexporte.

China subventioniert Abbau von Getreideüberschüssen

Derweil unterstützen dem IGC zufolge auch andere Länder die Ethanolnachfrage mit Beimischungsregeln. Deshalb seien auch die Erzeugung und der Verbrauch in der EU weiter gestiegen. Allerdings sei es unwahrscheinlich, dass bei dem aktuellen Beimischungsverhältnis in der Gemeinschaft von rund 4 % das für 2020 angepeilte Ziel von 7 % noch erreicht werden könne. Außerdem werde dann hier eine neue Richtlinie für erneuerbare Energien in Kraft treten, die den Schwerpunkt von Beimischungen wahrscheinlich mehr auf Biokraftstoffe der „zweiten Generation“ legen werde, bei denen die Rohstoffbeschaffung nicht in Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion stehe, erläutert der Getreiderat.

In China dagegen gebe es keine Beimischungsvorgaben. Dennoch nehme der Ethanolbedarf dort zu, weil die Provinzen dessen Herstellung zum Abbau von Rohstoffüberschüssen subventioniere. Zwar sei zuletzt über Pläne zur Erhöhung des Verbrauchsanteils von Biokraftstoffen im Treibstoff von derzeit rund 2 % auf etwa 10 % berichtet worden; dabei hätten aber vor allem Non-Food-Rohstoffe im Fokus gestanden.

Bierdurst wächst kaum noch

Einen wieder höheren Getreidebedarf bescheinigt der IGC den Mälzereien. Dem Getreiderat zufolge dürfte sich die betreffende Menge 2018/19 im Vorjahresvergleich global um 200.000 t auf 37,2 Mio. t erhöhen. Damit würde allerdings nach dem Rückgang von 2017/18 das vier Jahre zuvor erreichte Rekordniveau noch um rund 400.000 t oder 1 % verfehlt. Die Londoner Fachleute begründen den nur geringen Zuwachs mit dem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld, das den Bierkonsum in vielen Ländern und vor allem in Südamerika bremse. In anderen Ländern hätten dagegen steigende Einkommen zu einer Veränderung der Konsumentenpräferenzen geführt. Beispielsweise werde in Asien und vor allem in China Wein immer beliebter. Darüber hinaus dürften steigende Steuern auf alkoholische Getränke einschließlich Bier wahrscheinlich weiterhin das Nachfragewachstum beschränken, hieß es.

Gut 37 Millionen Tonnen für EU-Industrie

Mit großem Abstand führend beim Verbrauch von Getreide im industriellen Bereich sind die USA, und zwar aufgrund der umfassenden Nutzung von Ethanol als Treibstoff. Dort dürften nach der aktuellen Schätzung des IGC 2017/18 insgesamt 178,0 Mio. t Getreide industriell verwertet worden sein. Für die aktuelle Kampagne wird angesichts der sich abzeichnenden Marktsättigung im Biokraftstoffbereich nur ein Zuwachs um 2,6Mio t oder 1,4%auf 180,6 Mio. t prognostiziert. Der Maisverbrauch zu industriellen Zwecken soll dabei um 1,1 Mio. t auf 174,4 Mio. t zulegen. Auf dem zweiten Platz der Weltrangliste der industriellen Getreideverbraucher rangiert China. Für die Volksrepublik weist der Internationale Getreiderat jetzt mit Blick auf die Vermarktungskampagne 2017/18 eine Nachfrage der Industrie von 80,4 Mio. t Getreide ohne Reis aus; 2018/19 soll diese um 7,6 % auf 86,5 Mio. t wachsen.

In der Europäischen Union ist Mais - wie in den USA - das wichtigste Getreide für die industrielle Nutzung; mit geschätzten 14,5 Mio. t in der vergangenen Saison und prognostizierten 14,6 Mio. t für 2018/19 fällt der Bedarf aber im Vergleich zu den USA gering aus. Insgesamt dürften nach der Vorhersage des IGC in der EU-28 im kommenden Wirtschaftsjahr 37,2 Mio. t Getreide industriell genutzt werden; das wären 600.000 t oder 1,6 % weniger als für 2017/18 veranschlagt. Gemessen an der voraussichtlichen EU-Erntemenge in diesem Jahr wären das etwa 13 %.

Quelle: AgE

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