Eingestelltes Vertragsverletzungsverfahren: Verursachergerechteres Düngerecht kann kommen

03.06.2023 - 09:00:00

Die Einstellung des Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland in Sachen Nitratbelastung ist auch auf Landesebene von Politikern und Verbänden begrüßt worden. Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Werner Schwarz bezeichnete die Entscheidung der EU-Kommission als „ersten Meilenstein“.

Verursachergerechtes Düngerecht
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„Nach Jahren der Unsicherheit ist dies ein wichtiges Signal für unsere Landwirtinnen und Landwirte“, erklärte der Minister. Im nächsten Schritt müsse es nun darum gehen, nachweislich gewässerschonend wirtschaftende Betriebe zu entlasten. Handlungsbedarf sieht Schwarz in diesem Zusammenhang auf Bundesebene. Kernpunkte sind für ihn die Etablierung einer Stoffstrombilanzierung und die Einführung eines Wirkungsmonitorings.

Niedersachsen Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte wertete die Einstellung als Zeichen für neues Vertrauen zwischen Brüssel und Berlin. „Dieses zarte Pflänzchen muss nun weiter gepflegt werden, denn es werden kontinuierlich Fragen des Grundwasserschutzes weiter diskutiert werden“, so die Grünen-Politikerin. Nach ihrer Einschätzung ist die Entscheidung eine gute Grundlage, um in der nächsten Zeit den Gesprächsfaden zu verursachergerechteren Ansätzen bei der Düngung aufzunehmen.

Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Dr. Till Bakchaus erinnerte daran, dass im Falle einer Verurteilung Deutschlands im Zweitverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) mit der Festsetzung der Zahlung eines Pauschalbetrags von mindestens 17,2 Mio. Euro und einem täglichen Zwangsgeld von bis zu 1,1 Mio. Euro zu rechnen gewesen wäre. Jetzt geht es laut Backhaus darum, mit den Landwirten gemeinsam daran zu arbeiten, dass in Zukunft weniger Nitrat in die Böden und damit ins Grundwasser gelangt. „Ich habe immer wieder gesagt, dass die Landwirtschaft nicht das Problem, sondern Teil der Lösung ist. Dies haben wir nun zu beweisen“, so der SPD-Politiker.

Für den agrarpolitischen Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Dr. Gero Hocker, zeigt das Ende des Vertragsverletzungsverfahrens, dass die Regierungskoalition die Versäumnisse der letzten CDU-geführten Bundesregierung erfolgreich aufgeholt habe. Nun komme es darauf an, die Grundwasserbelastungen verursachergerechter zu ermitteln und Landwirte möglichst von bürokratischen Pflichten zu befreien, betonte auch Hocker. Die FDP werde sich im Rahmen der Novellierung des Düngegesetzes für praxisnahe Regelungen einsetzen.

Für den Präsidenten des Landvolks Niedersachsen, Dr. Holger Hennies, war die Entscheidung der EU-Kommission „angesichts der längst erreichten und messbaren Effizienzsteigerungen bei der Düngung überfällig“. Jetzt müssten Schritte für den gewässerschonend wirtschaftenden Betrieb kommen, um diese Form der Bewirtschaftung zu belohnen. „Es ist gut, dass die EU nicht mehr willkürlich Änderungen in der Düngeverordnung vornehmen kann und dass endlich mehr Verursachergerechtigkeit entsteht kann“, so das Fazit des DBV-Vizepräsidenten.

Der Zentralverband Gartenbau (ZVG) zeigte sich erleichtert. Die bisherigen Kritikpunkte an der Düngeverordnung blieben aber. „Die drohenden Strafzahlungen sind vom Tisch, die Sorgen der Betriebe allerdings nicht“, so die Geschäftsführerin der Bundesfachgruppe Gemüsebau (BfG) im ZVG, Laura Lafuente. Sie mahnte Erleichterungen für Betriebe in Roten Gebieten an, die ordnungsgemäß, nach guter fachlicher Praxis düngten. Notwendig sei es auch, den Geltungsbereich der Stoffstrombilanz einzuengen. Die dort geregelte betriebliche Bilanzierung für Stickstoff und Phosphat sei angesichts der Kulturvielfalt des Zierpflanzenbaus, des Obstbaus und der Baumschulen „unverhältnismäßig bis undurchführbar“.

Quelle: AgE/pk
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