Agrarhandel rechnet wegen Ukraine-Krieg weltweit mit Versorgungsengpässen

04.03.2022 - 16:41:36

Vor weltweiten Versorgungsengpässen bei wichtigen Agrarrohstoffen als Folge des Einmarsches russischer Truppen in die Ukraine hat der deutsche Agrarhandel gewarnt.

Agrarrohstoffe
(c) proplanta

Der Verein der Getreidehändler der Hamburger Börse (VdG) und der Bundesverband Agrarhandel (BVA) begründen ihre Einschätzung mit dem großen Gewicht von Russland und der Ukraine auf den Getreideexportmärkten. Zwar produzierten beide Länder gemeinsam nur 8 % der gesamten Weltgetreidemenge, sie seien aber für durchschnittlich 23 % des Weltexportvolumens verantwortlich, gaben VdG und BVA heute zu bedenken.

„Landwirte in der Ukraine sehen momentan nachvollziehbar die Versorgung der eigenen Bevölkerung als absolute Priorität und denken nicht mehr an Vermarktung. Diese Mengen fehlen am Weltmarkt, was sich unmittelbar auf die Getreidepreise auswirkt“, erklärte der VdG-Vorsitzende Thorsten Tiedemann.

Der Weizenpreis an der Matif sei binnen Monatsfrist um rund 100 Euro/t auf zuletzt 360 Euro/t angestiegen, Mais im gleichen Zeitraum um 128 Euro/t auf 377 Euro/t. Tiedemann hält deshalb weitere Preiserhöhungen an der Supermarktkasse für unausweichlich. In Deutschland sei dies allerdings nur eine Preisfrage - und keine existentielle. In Schwellenländern sehe die Sache ganz anders aus. Viele dieser Staaten seien mit ihrem Importbudget am Ende und es sei Zeit für die Bundesregierung, Programme für umfangreiche Nahrungsmittelhilfen vorzubereiten.

Die Situation am Düngemittelmarkt stellt sich nach Beobachtung von BVA-Präsident Rainer Schuler ganz ähnlich dar. Die Landwirtschaft ist nach seinen Worten 2022 schlechter mit stickstoffhaltigen Düngemitteln versorgt als je zuvor. Dieser Versorgungsrückstand werde sich im Laufe der Frühjahrssaison nicht mehr aufholen lassen - mit absehbar negativen Auswirkungen bei Ertrag und Qualität für die kommende Ernte, so Schuler. Dabei ziehe die Knappheit an Stickstoffdüngern weitere Kreise über die Ukraine hinaus.

Angesichts dieser Situation müssten Maßnahmen einer sicheren Energieversorgung sowie einer ausreichenden Versorgung der Bevölkerung in der EU mit Lebensmitteln neu diskutiert werden. „Es scheint grotesk, angesichts dieser weltpolitischen Lage auf Produktivität in der Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln per Verordnung oder Gesetz zu verzichten“, sagte Schuler mit Blick auf die europäische Farm-to-Fork-Strategie.

Der deutsche Agrarhandel steht Schuler und Tiedemann zufolge ohne jeden Zweifel hinter den Zielen des Green Deal, empfinde diese aber als unvollständig. Die sichere Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln müsse darin als mindestens gleichwertiges Ziel aufgenommen werden.

Quelle: AgE
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